Unsere Erfahrung mit Verbal Behaviour
Daniel wurde bereits im Alter von 2,5 Jahren mit infantilem Autismus diagnostiziert. Er hatte keine Sprache und extrem repetitives Verhalten und wollte eigentlich nur allein gelassen werden und Sachen drehen. Wenn ich ihn beim Namen rief, lief er nicht zu mir hin, sondern von mir weg. Das tat sehr weh und war auch oftmals gefährlich, wenn wir draußen waren. Daniel war unser erstes Kind und wir waren sehr ratlos. Eigentlich war ich im Schock und konnte das Wort «Autismus» nicht über die Lippen bringen, ohne zu weinen.
Eine gute Freundin von mir übernahm die Recherche und fand für mich Artikel über Behandlungsmöglichkeiten und auch die Kontaktadresse eines ABA-Providers. Wir wohnen in Norwegen und das System hier war uns zu langsam und nicht effektiv genug. Wir haben so ziemlich alles ausprobiert, von Tomatis über Vitaminsupplemente und Delfintherapie. Du bist einfach verzweifelt und ratlos und willst deinem Kind so dringend helfen.
Wir fuhren zu dem Einführungsworkshop und engagierten unseren ABA-Provider, um zu uns nach Norwegen zu kommen und uns zu helfen, da das Konzept uns vernünftig erschien. Ich bin ewig dankbar für die Hilfe zur Selbsthilfe, die wir bekommen haben!
Die Ärzte gaben uns schlechte Prognosen in Bezug auf Sprachentwicklung und dass Daniel je ganz trocken wird. Eigentlich gaben Sie uns mehr oder weniger zu verstehen, dass wir keine zu großen Hoffnungen haben sollten.
Sie lagen so richtig falsch!
Es war und ist harte Arbeit, und mein Mama-Herz hat gerade am Anfang so oft geblutet, denn es ist wirklich hart zu sehen, wenn dein Kind super frustriert ist, weint und strampelt und alle Register zieht, um seinen Willen zu bekommen. Das ist sicher einer der Gründe, warum ich immer noch rauche: What does not kill you gives you a lot of unhealthy coping mechanisms (and a really dark sense of humor).
Aber Hilfe unseres ABA-Providers und in enger Zusammenarbeit mit dem Kindergarten und nun auch der Schule haben wir Daniel Stück für Stück in unsere Welt geholt. Ich könnte so viel erwähnen, was für uns fantastische Durchbrüche waren! Für Eltern von «normalen» Kindern ist das nichts, aber für uns waren das Meilensteine! Sein erstes Wort mit fast fünf Jahren war «Kuchen». Wir hatten eine Monsterrunde mit Löschungstrotz, bevor der junge Mann endlich begriff, dass es nur Kuchen für ihn gab, wenn er den Mund aufmacht und spricht. Er kapierte sehr schnell, dass es ihm nutzte, zu sprechen. Trocken war er auch vor dem Schulanfang. Hurra!
Verbal Behaviour (VB) ist bei uns zu einer Lebensweise geworden und ein natürlicher Teil unseres Lebens.
Daniels kleiner Bruder bekam auch die volle VB-Packung, obwohl er «normal» ist. Und er ist automatisch ein sehr guter Lehrer für Daniel geworden. Er benutzt VB auf ganz natürliche Weise.
VB hat uns geholfen, Daniels Mauer zu durchbrechen. Er ist nun ein zufriedener Teenager.
Daniel hat immer noch eine ASS-Diagnose, aber sie wurde zu einer PDD-NOS und expressiver Sprachstörung umgeändert. Er ist immer noch «autistisch», aber er ist dabei, sein Potenzial zu erreichen. Wir sind so stolz auf ihn – und auch auf uns. Ich wage nicht zu denken, wo wir ohne VB wären. Die Kritiker von VB verstehen meiner Meinung nach nicht, dass wir zum Besten des Kindes arbeiten. Es ist meiner Meinung nach falsch verstandene Elternliebe, wenn man nicht bereit ist, ein bestimmtes Verhalten auszusitzen. Wir schicken unsere Kinder ja nicht nackig in den Schnee oder fügen ihnen Unannehmlichkeiten zu. Wir sitzen die Situation ja «nur» aus. Dazu brauche ich eine tiefe Yoga-Atmung, eine kurze Zigarettenpause und den richtigen Blutzuckerpegel. Konsequenz verlangt das Gleiche und ist nicht einfach. Aber das ist absolut notwendig, damit wir unsere Kinder «lebenstüchtig» machen. Unsere Kinder können lernen und sie können in unsere Welt integriert werden.
Daniel wird höchstwahrscheinlich nie 100 % selbstständig werden und wird sein ganzes Leben lang Hilfe und Unterstützung brauchen. Aber nun kann er kommunizieren, er kann mit einem Assistenten in eine normale Schule gehen. Er hat schon zweimal in der norwegischen Landesmeisterschaft im Bowling teilgenommen. Er hat den blauen Gürtel in Taekwondo und ist ein leidenschaftlicher Jäger geworden (natürlich nicht ohne Aufsicht).
Daniel hat verstanden, dass «gute Entscheidungen gute Konsequenzen haben», und bestimmt selbst, wie er in Situationen reagiert.
Wir stehen voll und ganz hinter diesem Konzept. Es ist kein «quick fix», kostet ab und zu Blut, Schweiß und Tränen. Aber es ist auch ein Konzept, das Spaß und Kooperation mit deinem Kind in den Vordergrund stellt und uns das Leben mit all unseren kleinen und großen Erfolgen feiern lässt.
Hier noch ein Link zu einem kleinen Film über Daniels Integration in einer Regelschule: https://www.youtube.com/watch?v=jiLFfaBJF8s